Irritiert starrt sie nun zur hölzernen, mit prachtvollen Intarsien verzierten Kassettendecke. Ein mächtiger Kristalllüster prangt wie ein Damoklesschwert über ihr. Mit leisem Schritt nähert sich der Fremde dem Ort, der nun zu ihrem Alptraum geworden ist. Sie schluckt ängstlich, als er sich mit einem langen Schatten über sie beugt und plötzlich im Flüsterton zu erzählen beginnt. Dabei spürt sie seinen Atem, so nah ist er ihr gekommen: ,,Bitte haben sie keine Angst, – wie ich schon eingangs erwähnte, verlor ich meine Frau und ich versuche immer noch über ihren Tod hinweg zu kommen. Ohne bisherigen Erfolg. Schon einige male habe ich Mädchen zu mir eingeladen, aber keine von ihnen glich so sehr meiner Constanze wie Sie.“ Riana fleht mit zitternder Stimme: ,,Bitte lassen Sie mich gehen, ich werde auch nichts für meinen Dienst verlangen.“ Sein langgezogenes ,,Nein, noch nicht“ empfindet sie wie einen Stich mitten in ihr zitterndes Herz. Nun beginnt er leise zu schluchzen, während er sein verzerrtes Gesicht in seinen mächtigen Händen vergräbt. Von der Kuppel in der Eingangshalle schallt immer noch das trommeln der Regentropfen herüber und verstärkt das Notgeschrei des Jammers, welches von dieser geknickten Gestalt ausgeht, die selbstverloren neben dem Mahnmal seiner Sehnsucht sitzt. Einen kurzen Augenblick ist sie gerührt, ja sogar geneigt ihn trösten zu wollen. Doch dann sieht sie ihre Chance, die Gunst des Augenblicks zu nutzen um zu entkommen. Mit einem federnden Sprung aus diesem Kasten der Verdammnis, befreit sie sich aus ihrer verfänglichen Situation und flieht aus der Bibliothek hinaus in die Halle, vorbei an all den höhnenden Masken und Sammlerstücken bis hin zum Portal. Doch das Portal ist verschlossen! – Der Keller! – Im Haus muss sich doch ein Keller befinden. Mit zackigen Bewegungen irrt sie desorientiert umher und wird schließlich fündig. Sie reißt die Tür auf und flieht fast ohne den Boden unter ihren Füßen zu berühren, die ausgetretenen Stufen hinunter ins Ungewisse. Dort ist es dunkle Nacht. Sie findet eine Schalterreihe, und tapst wahllos darauf herum. Verschiedene Lichter gehen an und sie findet sich wieder in einem miefigen Raum der angefüllt ist mit einer Sammlung von Folterwerkzeugen. Schon vernimmt sie den hallenden Schritt ihres Verfolgers. Mächtig steht er im Türrahmen, starrt sie an mit weit aufgerissenen, tränenglänzenden Augen.
Marquis de Sade lässt grüßen!
Macht der Besessenheit?